Freitag 21. März 2025

„Ich versuche, jede Live-Performance zu einer einzigartigen Erfahrung zu machen“: Jazzstar Kamasi Washington im Interview

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Kamasi Washington hat ein bewegtes Leben hinter sich. Aus einer musikalischen Familie stammend, spielte er schon in jungen Jahren etliche Instrumente, bevor er sich schließlich für das Tenorsaxofon entschied. Als Sideman war er für Größen wie Snoop Dogg, George Duke, Herbie Hancock, Nas, Chaka Khan, Lauryn Hill oder Kendrick Lamar tätig, bevor er 2015 als Bandleader unter eigenem Namen in Erscheinung getreten ist. Im vergangenen Jahr veröffentlichte Kamasi Washington sein aktuelles Soloalbum Fearless Movement, das er in diesem Frühjahr auch auf deutschen Bühnen live zum Besten geben wird. Aus diesem gegebenen Anlass haben wir den Jazzmusiker zum Interview getroffen.

Kamasi Washington

“Fearless Movement Europe Tour”

Montag, 17.03.2025 | 20:00 | BERLIN | Stage Theater des Westens

Freitag, 21.03.2025 | 20:00 | MÜNCHEN | Theaterfabrik

Donnerstag, 17.04.2025 | 20:00 | KÖLN | Carlswerk Victoria

Samstag, 19.04.2025 | 19:00 | FRANKFURT | Batschkapp

CGRN: Du hast als Kind mehrere Instrumente gespielt. Was hat dich dazu gebracht, beim Tenorsaxofon zu bleiben?

Kamasi: Weißt Du, ein Instrument zu finden, ist wie seine Stimme zu finden. Ich habe viele Instrumente gespielt und ich mag es auch, diese Instrumente zu spielen, aber keines davon fühlte sich wie meine Stimme an. 

Als ich das Tenorsaxofon entdeckte, hatte ich das Gefühl, meine Stimme gefunden zu haben. Deshalb bin ich dabei geblieben. Es fühlte sich einfach wie das Instrument an, das am besten ausdrücken konnte, was ich in meinem Kopf hörte. Aber wenn man musikalisch wächst, wird das etwas verschwommener. 

Das Tenorsaxofon ist definitiv immer noch meine Stimme. Es ist das Instrument, mit dem ich mich wirklich ausdrücken kann. Ich kann auch auf anderen Instrumenten Musik machen, aber es fällt mir deutlich schwieriger, mich auf ihnen wirklich auszudrücken.

CGRN: Du hast gerade über das Komponieren auf anderen Instrumenten gesprochen. Kannst Du uns durch Deinen kreativen Prozess führen, wenn Du ein neues Stück komponierst? Beginnst Du mit einer Melodie, einem Konzept oder etwas anderem?

Kamasi: Ich beginne normalerweise mit einer Art „Samen“, den ich zum „Anbauen“ verwende. Das kann eine Melodie, ein Rhythmus, ein Akkord, ein Konzept oder sogar ein philosophisches Konzept sein. Ab und an ist es sogar ein Text. Diesen Ursprung ergänze ich dann so lange, bis sich das Ganze komplett anfühlt. Es ist wie das Gießen einer Pflanze, die irgendwann zu einem Baum wird, den man einfach weiterwachsen lässt.

CGRN: Deine Musik verbindet verschiedene Genres und Stile. Wer sind einige Deiner größten musikalischen Einflüsse und wie haben sie Deinen Sound geprägt?

Kamasi: Ich bin definitiv ein Musikliebhaber und besitze viele musikalische Einflüsse. Verschiedene Leute inspirieren mich auf unterschiedliche Weise – Leute wie John Coltrane, Stravinsky, Fela, Nas, Kendrick Lamar, “Thundercat“, Kenny Garrett, Ali Akhber Kahn und viele andere. Ich finde überall Schönheit und glaube, dass so ziemlich jeder Künstler auf die eine oder andere Weise etwas zu bieten hat. Wir leben nur einmal, also sollten wir diese erstaunliche Musik so lange genießen, wie wir hier auf dieser Erde sind.

CGRN: Du hast mit vielen Künstlern aus verschiedenen Genres zusammengearbeitet. Wie kommen diese Kollaborationen zustande und wonach suchst Du bei einem Kollaborateur?

Kamasi: Sie entstehen auf unterschiedliche Weise. Manchmal fragen mich Leute, ob ich ihnen bei der Umsetzung ihrer Vision helfen kann, und manchmal nehme ich den Kontakt zu anderen auf, damit sie mir bei der Umsetzung meiner Vision unter die Arme greifen. Ich suche normalerweise jemandem, weil die Musik danach verlangt. Auf der anderen Seite versuche ich, herauszufinden, was der jeweilige Künstler sucht, wenn er mich um Hilfe bittet. Danach entscheide ich, ob ich die richtige Person für dieses Projekt bin.

CGRN: Der Titel deines aktuellen Albums, Fearless Movement – ist das eine Anspielung auf den turbulenten Zustand der Welt oder steckt noch eine andere Bedeutung dahinter?

Kamasi: Beides. Wir leben in einer Zeit, in der man sich nicht fürchten darf. Es gibt so viel Angstmacherei, und die Welt braucht Liebe, Mitgefühl und Menschen, die aufstehen und sie zu einem schönen Ort für alle machen. Gleichzeitig hat meine Musik immer zwei Seiten: eine Aufgabe und ihre eigene Identität. Fearless Movement soll die Menschen dazu bringen, keine Angst zu haben und die Welt nach ihren Wünschen zu gestalten. Aus künstlerischer Sicht wurde die Platte von der Idee inspiriert, neue und unterschiedliche Klänge zu schaffen, zu denen die Menschen tanzen können. Es ist also eine Art „Neuinterpretation“ von dem, was man als “Dance Music“ bezeichnen würde.

CGRN: Wie hat sich Dein Ansatz zur Musik und zum Leben im Laufe der Jahre entwickelt? Gab es entscheidende Momente, die Deine Reise maßgeblich beeinflusst haben?

Kamasi: Oh ja, es gab viele entscheidende Momente. Als ich das Saxofon entdeckte und meine Stimme fand, war einer davon. Dann der Tag, als ich als Kind beim Playboy Jazz Festival auftrat und mich vollkommen unvorbereitet fühlte. Das Erlebnis inspirierte mich, acht Stunden am Tag zu üben und die Musik wirklich ernst zu nehmen. Es gab viele solcher Momente, wie meine erste Tour mit Snoop Dogg oder als ich mit Gerald Wilson und McCoy Tyner spielen durfte. Ich habe ein sehr gesegnetes musikalisches Leben.

CGRN: Deine Auftritte sind bekannt für ihre Energie und Improvisation. Wie bereitest Du Dich auf eine Live-Show vor und was soll das Publikum davon mitnehmen?

Kamasi: Ich versuche, jede Live-Performance zu einer einzigartigen Erfahrung zu machen. Ich hoffe, dass das Publikum dabei das Gefühl hat, dass wir gemeinsam etwas erlebt haben. Musik hat eine verbindende Kraft. Menschen, die sich nicht kennen und vielleicht niemals wiedersehen werden, sind am gleichen Ort und kosten alle gemeinsam einen energiegeladenen Moment aus.

CGRN: Du wirst bald auf eine Europatournee gehen, einschließlich einiger Konzerte in Deutschland. Worauf freust Du dich am meisten, wenn Du wieder in Deutschland auftrittst?

Kamasi: Zunächst einmal freue ich mich auf die Menschen. Jede Stadt und Kultur haben ihre ganz eigene Energie. Ich kann es kaum erwarten, Deutschland und seine lange, reichhaltige Musikgeschichte aus nächster Nähe zu erleben und in meine eigene Musik einfließen zu lassen.

CGRN: Das ist ein schönes Schlusswort. Vielen Dank für das Interview. Es war großartig, mit Dir zu sprechen.

Kamasi: Danke! Ich freue mich darauf, euch in Deutschland zu sehen.

Interview Torsten Reitz

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