Donnerstag 25. April 2024

Stomp im Mannheimer Rosengarten: Könige des archaischen Klangs

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Am Ende dieser bezeichnenden zwei Show-Stunden im Mannheimer Rosengarten ist der Beifall nicht weniger als ein ekstatischer Regen, der sich warm und ausgelassen über die Künstler dieses Abends ergießt – und geradezu mustergültig zu dem passt, was ein prächtig gefüllter Mozartsaal gerade erlebt hat.
Denn Stomp – und das ist an und für sich nichts Neues – liefert seit 1983 so viel mehr als rhythmisch brillante Perkussions-Feuerwerke. Doch was gut 2000 Gäste an diesem Abend in helle Euphorie versetzt, ist die Tatsache, dass es dem Kollektiv um die Regisseure Luke Cresswell und Steve McNicholas auch nach dreieinhalb Jahrzehnten noch gelingt, sich neu zu erfinden. Und dabei ein tiefgründiges Augenzwinkern in die technisch ohnedies höchst avancierten Künste zu integrieren.

Das nimmt seinen Anfang schon bei der klassischen Besen-Nummer, die auch nach gefühlten Show-Generationen nichts von ihrem Charme verloren hat, im Gegenteil. Denn dass die Abräumer vom Dienst ihre Nummer mit kleinen Neuigkeiten wie dem Doppelstock-Besen und einem kessen Lächeln garnieren, kündet vor allem vom Kult einer Compagnie, die souverän und gleichzeitig rastlos-schaffensfroh mit dem eigenen Ruhm umzugehen versteht.

Zumal die Könige des archaischen Klangs auch immer wieder wirkungsvoll vor Augen führen, wie sehr sie die Konzertshow-Szene als Pioniere geprägt haben. Dass die eifrigen Artisten dabei in nahezu blinder Perfektion Einkaufswagen den Groove ablocken, bevor rasende Zippo-Choreographien für offene Münder sorgen, ist eine Seite der gelebten Philosophie. Dass die trommelnden Tänzer – auch und gerade in einer Zeit technischer Grenzenlosigkeit – auf den simplen, alltäglichen Resonanzkörper setzen, markiert einen konsequenten Triumphzug. Denn wer auch heute noch mit Gummihandschuhen auf Spülbecken Sirenen zum Singen bringt, in lichter Höhe zwischen Mülleimer und Untertasse die halbe Gebrauchswelt zum Klingen bringt und selbst einem Abflussrohr ein herrlich genopptes Ratschen entlockt, beweist damit nicht weniger als den Wert des scheinbar profanen Lebens als Kunst.

Von den subtilen und gar virtuosen Momenten dieses Stomp-Erlebnisses hat man da noch gar nicht gesprochen. Dabei ist es diese thematische Klammer, die zeigt, warum diese Show bis in die feinsten Verästelungen trägt. Weil sie sich das atmosphärische Stock-Trippeln ebenso traut wie den Zeitungs-Sketch, in dem das druckergeschwärzte Papier nicht nur raschelt und knistert, sondern wahlweise auch in gerollter Form zum Helikopter oder Drumstick umfunktioniert wird.

Alles in allem ergibt sich so eine Performance, die nicht nur tief leidenschaftlich und mit authentischer Freude daherkommt, sondern auch weit über sich selbst hinausreicht. Und so vorsichtig man mit den Superlativen historischer Leistungen sein sollte: Nichts weniger als das hat Mannheim erlebt. Ein Glück, dass die Winter-Festival-Besucher noch bis zum 31. Dezember in diesem Genuss kommen dürfen!

Foto & Text © by Markus Mertens

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