Donnerstag 28. März 2024

Special: Artists and their Tattoos

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Am ersten Juni hat die Band UNPLACES sein neue Platte „Changes“ rausgebracht. Und gerade noch bevor erste Konzert in deutsche Tour hatten wir Möglichkeit bekommen mit Dorette über Tätowierungen zu reden und sie von Release und tour ablenken. Das will ich jetzt auch mit euch teilen.

Wann hast du deines ersten Tattoo gemacht und was war das? Wie lange hast du es Dir überlegt?

Mein erstes Tattoo habe ich mir mit 18 oder 19 Jahren stechen lassen, zur Abi-Zeit. Es war ein weiblicher Engel mit Heiligenschein, einer entblößten Brust, der eine „Metal-Axt“ (eine E-Gitarre) in der Hand hält. Ich habe nicht sehr lange darüber nachgedacht, ich hatte einfach Lust dazu, weil das Motiv auch einfach passte.

Wie viel Tattoos hast du? Könntest du Geschichte von denen Erzählen? Was Sie Dir bedeuten?

Ich habe zwei Tattoos, besagten Engel (s.o.) auf der linken Schulter und ein zweites allerdings wesentlich größeres, das über meinen rechten Arm bis zur Schulter reicht.

Der Engel verkörpert für mich meine Leidenschaft für die Musik und meine persönlichen Seiten, die damit verbunden sind. Ich bin grundsätzlich ein organisierter, doch eher „braver“, lieber und gutmütiger Mensch, vereine also aus meiner Sicht positive, charakterliche Eigenschaften, die ich auch einem Engel zuschreiben würde. Aber dieser Engel hat eben auch die andere Seite, die ich als Musikerin „raus“ lasse. Vor allem auf der Bühne kann ich Rampensau sein, meine Gefühle rauslassen, die Themen transportieren, die mich beschäftigen. Der Engel ermutigt mich quasi, auch mal nicht so genau zu sein und „loszulassen“.

Das zweite Tattoo ist wesentlich künstlerischer. Ich hatte so 2012-2014 eine Lebensphase, in der ich sehr viel darüber nachgedacht habe, was mir im Leben wirklich wichtig ist, wieviel Zeit ich wofür aufwenden möchte etc. Daraus sind die 4 Maxime Zufriedenheit, Zuversicht, Gelassenheit und Leidenschaft als zentrale Punkte entstanden, die ich verfolgen möchte. Die sind in dem Tattoo symbolisch verewigt, damit ich immer wieder daran erinnert werde.

Hast du schon alle Tattoos gemacht die du wolltest oder kommt noch was dazu?

Ich bin auf den Geschmack von Tattoos bzw. Tätowierer*innen gekommen, die einen sehr eigenen Stil haben. Ich hätte gerne noch ein Tattoo von dem Künstlerduo Expanded Eye (http://cargocollective.com/expandedeye/tattoo). Ich würde von ihnen gerne meinen Songtext „Time“ interpretieren lassen. Das Tattoo hätte ich gerne auf dem linken (Unter-)Arm. Die sind aber als Künstler so schwer beschäftigt und wählerisch, dass ich nicht weiß, ob ich zum Zuge komme. Außerdem verfolge ich z.B. die facebook Seite Ink On Sky. Dort werden Fotos von sehr hochwertigen Tattoos geteilt. Da habe ich z.B. Eva Krbdk (https://www.instagram.com/evakrbdk) entdeckt, von deren unglaublich detailtiefen runden Tattoos ich fasziniert bin. Ich könnte mir vorstellen, ein solches Landschafts-Tattoo machen zu lassen, weil ich durchaus naturverbunden und gerne draußen bin. Mal schauen, was mir noch so über den Weg läuft und mich inspiriert.

Hast du alle Tattoos bei einem Tätowierer gemacht? Wie hast du Tätowierer ausgewählt? Wer hat Skizze für dich gemacht?

Die beiden Tattoos wurden von zwei verschiedenen Tätowierern gestochen.

Das Engel-Tattoo gab es als fertige Vorlage. Wie der Tätowierer hieß, weiß ich nicht mehr, er hatte sein Studio in Hannover direkt “Am Schwarzen Bär” (hierbei handelt es sich um eine Adresse!). Warum die Wahl auf ihn fiel? Wahrscheinlich war es eine Empfehlung aus dem Freundeskreis. Ist einfach zu lange her… Das zweite Lebens-Maxime-Tattoo habe ich bei Noon (http://noontattooart.blogspot.com/) in seinem Studio in Frankreich in Troyes stechen lassen. Er tätowiert nur Motive in seinem eigenen Stil. Ich bin auf ihn durch einen Beitrag in einem Tattoo-Magazin über den Stil “Art Brut” aufmerksam geworden. Ich habe mich lange damit beschäftigt, wie das Tattoo aussehen könnte. Bei Noon läuft es nicht so, dass du ein “fertiges” Tattoo bekommst. Du beschreibst ihm im Vorhinein deine Vorstellung fährst dann hin und er entwirft das Tattoo direkt an deinem Körper. Er ist ein Künstler und interpretiert deine Vorstellung frei. Man muss sich darauf einlassen, weil man am Tagesanfang noch nicht so genau weiß, was am Ende raus kommt. Ich bin sehr glücklich mit dem was er geschaffen hat und froh, dass er eben noch sein “Ding” mit reingebracht hat. Nämlich “mich”, stilisiert durch Augen, Mund, Nase, Wange – denn ich selbst bin dafür verantwortlich, dass ich diese Lebensmaxime verfolge und umsetze. Das ganze ist übrigens zusammengehalten als “Blume”, diese steht für Leben.

Tattoos zu machen tut weh, wie kommst du mit Schmerzen während tättowieren klar?

Da muss man dann eben durch. Sooooo schlimm finde ich es auch nicht.

Hast du je in deinem Leben bereut, dass du das eine oder andere Tattoo gemacht hast?

Ganz klar, nein.

Was in Tattoos und welche Typen von Tattoos sind für Dich Tabu. Du wirst das nie im Leben machen und du magst es nicht an andere Leute zu sehen.

Tabu, auch an anderen Menschen finde ich menschenverachtende, rassistische, diskriminierende Tattoos usw. Ansonsten sind Tattoos hochgradig Geschmackssache. Ich bin jetzt kein Fan von Totenköpfen, gewaltverherrlichenden Motiven o.ä. und Namen kommen bei mir auch nicht in Frage.

Man sagte das sich tätowieren lassen macht süchtig, wenn man mal angefangen hat, kann nicht mehr aufhören, stimmt das?

Das mag sein und schließe ich auch für mich nicht aus, aber ich verspüre keinen großen „Druck“ nachzulegen. Sollte ich mir weitere Tattoos stechen lassen, ist es für mich wichtig, dass ich voll und ganz hinter diesen stehe und diese eine Bedeutung für mich haben. Ein Tattoo nur um des Motivs wegen, ist nicht mein Ding.

Im Moment ist Tattoo mehr als Mode geworden. Viele Leute denken nicht darüber nach das sie werden es das ganze Leben tragen müssen, sie wollen einfach cool sein und was auf die Haut haben. Solche Leute kommen oft zum Tätowierer mit Aussage – zeigen sie mir was sie haben. Das macht aus Tätowierer als Künstler einfach Press man. Was denkst darüber?

Man kann nicht von jedem Menschen, der sich mit einem Tattoo schmücken möchte, erwarten, dass für ihn oder sie ein tieferer Sinn dahinter steckt. Wenn sich jemand aus rein modischen Motiven tätowieren lässt, kann ich das aber voll und ganz akzeptieren, ist eben seine oder ihre Entscheidung. Ich denke, auch Tätowierer*innen haben die Option, nicht unbedingt jedes Motiv zu stechen, das ein Kunde haben möchte. Ich selbst habe das auch schon mal erfahren. Ich bin mit einer Idee zu einem Tätowierer gegangen und er hat mir im Vorgespräch klar gemacht, dass das Motiv so wie ich es mir vorstelle nicht stimmig ist und ich noch mal nach Hause gehen und darüber nachdenken soll. Er wollte es so nicht tätowieren. Ich bin sehr dankbar darüber, denn sonst wäre ich nicht zu dem Maxime-Tattoo gekommen, das ich jetzt habe.

Ich möchte gern auch Soziale Aspekt von Tattoos ansprechen. Früher war oft gesagt das Tattoos asozial sind, und wenn du Tattoos hast du kannst nicht erfolgreich sein oder „gute“ Job finden. Hat in letzte Jahren Bewusstsein und Wahrnehmung von Leute sich geändert oder diese Vorurteile leben noch weiter?

Ist das nicht an sich schon ein Vorurteil, dass Tattoos als „asozial“ galten? Beschränkte sich diese Annahme nicht selbst schon nur auf bestimmte Menschen, Kreise, Kontexte und Gesellschaften? Tattoos sind jedoch in der Tat in unserer Gesellschaft mit Sicherheit salonfähiger geworden. Ich hoffe, das hat nicht nur mit modischen Aspekten, sondern auch insgesamt mit zunehmender Toleranz zu tun. Vorurteile gibt es leider noch viel zu viele, nicht nur im Hinblick auf Tattoos, sondern in Bezug auf Hautfarbe, Lebenskonzepten, sexueller Orientierung etc. Allen Ernstes hat mal eine Fotografin bei einem Konzert zu meiner Band gesagt, sie hatte eine „Melissa-Etheridge-Gedächtnis-Band“ erwartet. Lasst euch das auf der Zunge zergehen! Sie ist selbst eine Frau und Konzertfotografin, hat also schon viel gesehen und gehört, und nur weil die Frontfrau und Sängerin Gitarre spielt, erlaubt sie sich so ein Urteil? Gerade auch in der Musikbranche, und zwar spartenübergreifend, sind Frauen vollkommen unterrepräsentiert. Diese grundsätzlichen, gesellschaftlichen Problematiken finde ich viel wichtiger, als ob jemand ein Bild auf der Haut hat oder eben nicht.

Welchem Rat könntest du unsere Leser geben, die ihre erste Tattoo planen? Was sollen sie beachten? Was sollen sie bei wählen von Tätowierer in Betracht nehmen? Was ist deine Meinung nach besser Farbe oder nur Schwarz? Einfach welches Rat aus eigene Erfahrung?

Das Tattoo muss dem- bzw. derjenigen vor allem gefallen. Man sollte sich Gedanken darüber machen, ob der Motivwunsch Beständigkeit hat. Also besser noch etwas länger die Idee sacken lassen, als einer spontanen Eingebung folgen.

Project by Daria Tessa and Daniela Vorndran, Interview by Daria Tessa

Photos by Michael Schwettmann (http://www.michaelschwettmann.de, https://www.facebook.com/michaelschwettmannphotography)

©-Michael-Schwettmann

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