Mittwoch 24. April 2024

Special: Artists and their Tattoos Interview mit Peter from Lumberhead

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Unser heutiger Gast ist Peter, Gitarrist der Leipziger Metal-Band Lumberhead. Das letzte Release der Band war die gleichnamige Platte „Lumberhead“ vom 5 April 2019. Jetzt arbeiten Jungs fleißig an einer neuen EP, die auch schon fast fertig ist. Aber unwichtig – jetzt geht es um unser Hauptthema Tattoos!

Wann wurde das erste Tattoo bei Dir gestochen und für welches Motiv hast Du Dich entschieden? Wie lange musstest Du darüber nachdenken?

Mein erstes Tattoo habe ich mir vor ca. 10 Jahren mit Anfang 20 stechen lassen. Ich habe mich ca. 2 Jahre intensiv mit dem Thema Tätowierungen auseinandergesetzt, um herauszufinden, welcher Stil zu mir passt und welcher Tätowierer meine Ideen adäquat umsetzen kann. Inspiriert von verschiedenen Schauspielern und Sportlern habe ich für eine Kombination aus verschiedenen Motiven entschieden, die allesamt dem Bereich der polynesischen Tattoos entstammen. Insofern gab es bei mir kein „Einstiegsmotiv“ im klassischem Sinne, sondern gleich ein komplettes Projekt.

Wie viele Tattoos hast Du insgesamt? Gibt es davon welche von denen Du eine Geschichte erzählen könntest/möchtest und was sie Dir insbesondere bedeuten?

Meine Tattoos erstrecken sich von der linken Schulter über den kompletten linken Arm. Zusätzlich sind Teile des Schulterblattes, die Brust, sowie der Nacken tätowiert. Da es sich bei meinen Tattoos von Beginn an um ein zusammenhängendes Projekt handelte, gibt jeder Abschnitt einen kleinen Teil meiner Lebensphilosophie preis. Ich arbeite vor allem mit verschiedenen Tiersymbolen (z.B. Schildkröten, Eidechsen, Tauben), TikiSymbolen, dem Marquesas-Kreuz, sowie dem beliebten Koru-Symbol. Ich möchte das „Taniwha-Motiv“ auf meinem Unterarm aufgreifen und die Bedeutung, welches dieses Motiv für mich hat, kurz erläutern. Das Taniwha stellt in der Kultur der Maori ein übernatürliches Wesen dar, welches einen bipolaren Charakter besitzt und in den Tiefen des Meeres, sowie in Seen und Flüssen lebt. Es gilt einerseits als Beschützer der Menschen, straft jedoch in seiner Wächterfunktion diejenigen, welche der Natur gegenüber nicht den nötigen Respekt entgegenbringen. Für mich steht Taniwha als Symbol für den respektvollen und achtsamen Umgang mit der Natur, sowie gegenüber den Menschen in unserer Umgebung. Gleichzeitig symbolisiert es das teils erbarmungslose und unkontrollierbare Wesen der Natur.

Planst Du Dir weitere Tattoos stechen zu lassen?

Ja, es sind bereits weitere Tattoos in Planung.

Wurden alle Tattoos bei demselben Tätowierer gestochen? Wie hast Du den Tätowierer ausgewählt und wer hat die Skizze(n) für Dich gemacht?

Alle meine Tätowierungen wurden von demselben Tätowierer gestochen. An der Stelle möchte ich meinem Tätowierer Frank den besten Dank aussprechen. Ich habe ihn ausgewählt, weil ich von seinen Arbeiten überzeugt bin, und ich aus dem damaligen ersten Beratungsgespräch einen sympathischen Eindruck von ihm und dem Studio mitnehmen konnte. Ich bin mit konkreten Ideen in Bezug auf die Auswahl und Anordnung zu ihm ins Studio gekommen.

Wie lange hat die längste Sitzung gedauert?

Meine längste Sitzung umfasste ca. 4 Stunden.

Tattoos stechen zu lassen ist schmerzhaft. Wie kannst Du die Schmerzen während der Sitzung aushalten, was lenkt Dich ab?

Das Ausmaß des Schmerzes war bei mir stark abhängig von der jeweiligen Region. Zudem spielte die jeweilige Tagesform eine entscheidende Rolle in Bezug auf mein Schmerzempfinden. Es gab Sitzungen, in denen ich die Schmerzen kaum gespürt habe und die Sitzung insgesamt entspannt verlief. Rückblickend erinnere mich nur an eine der zahlreichen Sitzungen, die ich als sehr unangenehm empfand. Im Rahmen dieser Sitzung wurde meine Brust verschönert und ich hatte mir zuvor eine fette Erkältung eingefangen. Da ich bereits seit Monaten sehnsüchtig auf diesen Termin gewartet habe, wollte ich ihn nicht absagen.

Hast Du jemals bereut ein Tattoo stechen zu lassen?

Da es damals eine sehr bewusste Entscheidung war, mich tätowieren zu lassen und ich mir mit der Motivwahl viel Zeit gelassen habe, gab es zu bis zum heutigen Tag keinen Moment, in dem ich diese Entscheidung bereute.

Welche Arten von Tattoos sind für Dich tabu, welche würdest Du niemals stechen und Dir auch niemals stechen lassen?

Die Frage lässt sich für mich nicht beantworten, da ich mich vor ca. 10 Jahren nach reiflicher Überlegung für die polynesischen Motive als die für mich geeignete Ausdrucksform entschieden habe. Aus dem Grund kämen für mich aktuell auch keine anderen Stile in Frage, da ich dies aus ästhetischen Gesichtspunkten nicht schön finden würde. Grundsätzlich bin ich jedoch kein Fan von farbigen Motiven und kann einer lose Aneinanderreihung von einzelnen Motiven nur bedingt etwas abgewinnen.

Es heißt, es macht süchtig, sich tätowieren zu lassen – hat man einmal damit angefangen kann man nicht mehr aufhören. Wie siehst Du das?

Das stetige Verlangen nach neuen Tattoos ist mir nicht fremd. Allerdings war dies vor allem in meinen Zwanzigern der Fall. Mittlerweile hat sich die Suche nach neuen Motiven etwas gelegt. Ich habe weiterhin längerfristige Tattoo-Projekte im Kopf, wobei ich in Bezug auf deren zeitliche Umsetzung deutlich entspannter geworden bin.

Im Moment ist es modern sich tätowieren zu lassen, viele Leute denken gar nicht darüber nach, dass sie das Tattoo das ganze Leben tragen müssen. Sie wollen cool sein und mit dem Strom schwimmen. Oftmals kommen sie zum Tätowierer mit der Aussage „zeigen Sie mir, was Sie haben“. Wie denkst Du darüber? Der Tätowierer arbeitet dann nicht mehr als Künstler sondern wird zum „Massenproduzenten“.

In Bezug auf Tätowierungen bin ich ein Vertreter von reflektierten Entscheidungsprozessen. Ich habe die von dir beschriebene Form der Kunden im Rahmen meiner eigenen Sitzungen erlebt und dabei mehrfach eine aufkommende Skepsis in mir gespürt. Des Weiteren halte von diesen „Katalogmotiven“ nicht viel, weil mir einfach der individuelle Ausdruck fehlt. Ohne jemanden abwerten zu wollen, würde mich ein derartiges „Massenmotiv“ nicht lange zufriedenstellen. Zudem liegt es an jedem Tätowierer selbst, ob er sich bewusst von Dasein als sog. „Massenproduzenten“ abgrenzen möchte, um den eigenen Anspruch als Künstler/in zu wahren oder nicht.

Früher herrschte die verbreitete Meinung Tattoos seinen asozial – man hatte Schwierigkeiten eine Anstellung zu finden. Hat sich diese Meinung heute geändert oder muss man noch immer mit Vorurteilen rechnen?

Glücklicherweise habe sowohl im privaten Umfeld, als auch im Berufsleben nur selten mit Vorurteilen in Bezug auf meine Tattoos zu kämpfen. Letzteres hängt natürlich von meiner Berufswahl ab, in der optische Aspekte eine untergeordnete Rolle spielen und auch kein berufsspezifischer Dresscode von mir verlangt wird. Im Alltag erlebe ich nur selten Ressentiments gegenüber meinen Tätowierungen, wobei an der Stelle zu erwähnen ist, dass es sich um Motive handelt, die auf den ersten Blick weniger abschreckend wirken, als zum Beispiel Darkart/Horror-Motive. Im Großen und Ganzen bin ich jedoch der Meinung, dass bestimmte Tattoo-Stile in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind.

Zu guter Letzt… was empfiehlst Du unseren Lesern, die ihr erstes Tattoo planen? Worauf sollten sie achten bzgl. Auswahl des Studios, des Tätowierers, der Stilrichtung… Welche Ratschläge hast Du?

Ich würde empfehlen, sich ausreichend Zeit mit der Motivwahl zu lassen, und im Vorfeld mindestens 2-3 Beratungstermine in unterschiedlichen Studios wahrnehmen. Intuitiv merkt man meiner Meinung sehr schnell, zu welchem Tätowierer bzw. zu welcher Tätowiererin man eine Vertrauensbasis im Rahmen dieser Gespräche aufbauen kann.

Links:

Facebook: https://www.facebook.com/lumberhead

Instagram: @lumbersson

Project by Daria Tessa and Daniela Vorndran, Interview by Daria Tessa
Concert pictures by Fani Nadki Photography, other pictures by
Peter Bucks 

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