Sonntag 22. Dezember 2024

Er ist ein Tiger: Peter Kraus feiert sich und die 50er im Mannheimer Rosengarten

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80 – 50 – 5: Es sind diese drei Kennzahlen, die einen bezeichnenden Abend im Mannheimer Rosengarten zu einem wahren Fest lebendiger Musikgeschichte ausgestalten. Denn auch, wenn man der deutschen Rock ‘n‘ Roll-Legende Peter Kraus seine acht Dekaden Lebenszeit kaum ansieht: Allein, dass der Bühnen-Routinier jüngst seine Goldene Hochzeit feiern durfte und sich unlängst auf der fünften Abschiedstournee befindet, erntet tosenden Beifall von einem fast gänzlich ausverkauften Haus – und das ist auch richtig so.
Denn was Kraus mit seiner achtköpfigen Band in gut zweieinhalb Stunden im Mozartsaal feilbietet, ist keineswegs allein jene „Hommage auf eine große Zeit“, in der Granden wie Vico Torriani und Bill Ramsey die Bühnen der Welt eroberten. Es ist eine Demonstration eigener Stärke, die mit allen Wassern des Showgeschäfts gewaschen ist.

Der Fingerzeig zu Elvis Presley gleich zu Beginn („Heartbreak Hotel“, „Rock Around The Clock“) ist da ebenso wohltuend wie bedeutsam. Denn während die expressive Ikone in den Vereinigten Staaten mit ihren Songs für Furore sorgte, kürte auch die Bundesrepublik mit Peter Kraus ihren eigenen deutschen Elvis, der sang und tanzte, was das Zeug hielt, um ein Land das Schwärmen zu lehren.

Dass Kraus in seiner Revue mit der eigenen Vergangenheit keineswegs verträumt-nostalgisch umgeht, sondern vom selbst gebastelten Röhrenverstärker über die ersten Konzerte 1956 bis hin zum großen Ruhm eine augenzwinkernde Anekdote an die nächste reiht, erfrischt. Und zeigt dennoch, wie groß der Kampf eines jungen Wilden war, der bisweilen auch lullen musste („Wenn Teenager träumen“), um später wieder den „Tiger“ aus sich herauslassen zu dürfen.

Dass der noch heute absolut unverkennbar im 80-Jährigen wohnt, bekommen gut 2000 Besucher immer wieder aufs Prächtigste vor Augen geführt. Denn ob der Grand Homme seiner Zunft zum Klassiker „Enjoy Yourself“ in nimmermüder Attitüde das Tanzbein schwingt, die Jugend in melodische Kraft taucht („Mit siebzehn fängt das Leben erst an“) oder der Sugar Daddy sein „Sugar Baby“ kurzerhand über das Parkett führt: Dieser Peter Kraus agiert wie ein Unaufhaltsamer, dessen fünfte Abschiedstour sicherlich ein Etappenziel, aber gewiss nicht der Weg in die Rente als Winzer sein wird.

Dafür spricht auch, dass Kraus die ganz großen Bögen zwischen der von ihm tief verehrten Marlene Dietrich („Sag mir wo die Blumen sind“) und den Beatles („Yellow Submarine“), dem „Kriminal-Tango“ und neuen Moden zwischen Calypso und Twist wonnevoll aufspannt, die kommerziell oft geglättet erzählte Variante des 50er-Sounds aber immer wieder spitzbübisch mit Eigenem konterkariert. Als die Menge den längst Kult gewordenen Rhythmus von „Havana Love“ lauthals mitsingen will, kontert Kraus famos: „Wir sind doch hier nicht bei Silbereisen!“ Was die Zeitgenossen des Bühnenprotagonisten nicht nur mit einem überraschten Lachen quittieren, sondern als Einladung auf die Lust an der Überwindung jeder Altersgrenze verstehen, die zwischen Tiefsinn („Wie schön wär‘ diese Welt“) und Heiterkeit („Marina Marina“) und Romantik („Schwarze Rose Rosemarie“) nur einen Endpunkt kennt: den Horizont.

Text & Fotoo © by Markus Mertens für Cityguide Rhein Neckar

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