Der Klimawandel ist unleugbar da. Vielleicht erleben wir in diesem Sommer den kühlsten unseres restlichen Lebens. Dabei erlebt Europa erneut Dürre und Wasserknappheit. Und die Abstände in denen sich die Natur davon erholen kann, werden immer kürzer. Auch andere Wetterphänomene, wie wir sie im Ahrtal gesehen haben, werden zunehmen. Bei vielen schürt das Zukunftsängste, die sich zweifelsohne auf Kinder übertragen. Insbesondere, weil sie sich noch hilfloser dem Klimawandel und seinen Folgen gegenübersehen. Aufklärung hilft Ängste zu nehmen, aber wie können Eltern den Klimawandel erklären, ohne die Ängste zu vertiefen?
Alfred Sibla
Klima retten für Dummies Junior
Verlag: Wiley-VCH, Weinheim
Veröffentlichung: 03.2022
ISBN: 978-3-527-71904-4
Genre: Ratgeber
Preis: 14,00 €
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Wir haben einen der Autoren von Klima retten für Dummies Junior, Alfred Sibla um Rat gefragt.
Herr Sibla, danke, dass Sie Zeit für uns haben. Der Klimawandel ist nicht mehr wegzudiskutieren. Wie kann ich das Gespräch mit meinem Kind führen, ohne es zu ängstigen?
Sollte ich überhaupt das Gespräch suchen oder sollte ich warten, bis es fragt?
Mit Kindern sollte man dieses Thema definitiv besprechen, weil es ja auch ein Teil ihrer Lebenswirklichkeit ist. Sie kriegen ja unmittelbar mit, dass sich auf unserer Erde etwas ändert – ob durch die Medien oder manchmal auch ganz hautnah wie in diesem Sommer oder bei Naturkatastrophen. Ängste sind oftmals auch ein Produkt von Unkenntnis. So ähnlich verhält es sich auch bei dem Thema Klimawandel. Die schiere Fülle an Fachwissen, die notwendig ist um das Thema in seiner Gänze zu verstehen, lässt uns manchmal vor dem Problem kapitulieren und die Vogelstrauß-Taktik anwenden – nach dem Motto: „Wegschauen und hoffen, dass es schon vorbeigeht.“
Leider ist das aber beim Klimawandel nicht so einfach. Wir Menschen haben schon sehr lange weggeschaut und daher konnte das Problem erst so groß werden. Das ist so ähnlich wie mit den Hausaufgaben in der Schule. Man weiß, dass man für den Vokabeltest morgen besser lernen sollte, aber man beschließt den Tag doch lieber mit den Freunden im Schwimmbad zu verbringen. Das Wetter ist ja gerade so schön. Am nächsten Tag beim Vokabeltest bereut man es vielleicht nicht mehr für den Vokabeltest gelernt zu haben.
Die gute Nachricht ist aber, dass wegen eines nicht so gelungenen Tests wir den Kopf nicht in den Sand stecken müssen, sondern noch die Chance haben es besser zu machen, um am Ende ein gutes Zeugnis zu erhalten. Und dieses Zeugnis schreibt auch gerade unsere Erde an uns aus und wir haben nicht mehr viel Zeit die Noten darauf festzulegen.
Das klingt erst ein Mal alles nicht so toll, aber wir Menschen haben bereits in der Vergangenheit bewiesen, dass wir die Fähigkeit besitzen uns zu ändern. Ein gutes Beispiel ist das Ozonloch. Im vergangenen 20.Jahrhundert war das ein riesiges Thema, weil das Ozonloch immer größer wurde. Was das für uns auf der Erde bedeutet, könnt ihr übrigens im Buch nachlesen. Inzwischen hört man nur noch sehr selten davon, weil es sich inzwischen wieder schließt und kleiner wird. Und das konnte nur funktionieren, weil viele Länder weltweit zusammenarbeiteten, um das Problem gemeinsam zu lösen. Dazu unterschrieben sie das sogenannte Montrealer Protokoll. Und genau dieses Vorgehen brauchen wir jetzt auch um den Klimawandel aufzuhalten. Wie hoch wird der weltweite
Temperaturanstieg sein und was heißt das für uns in Deutschland?
Das ist eine interessante Frage, die man am besten wohl so beantworten kann. Wir selbst haben es in der Hand wie hoch die globale Durchschnittstemperatur in den nächsten Jahrzehnten noch steigen wird. Derzeit ist es auf der Erde durchschnittlich ca. 1 °C wärmer als noch zu Zeiten der Industrialisierung – das ist ca. 150 Jahre her. Das klingt zunächst einmal nicht viel, aber uns muss immer bewusst sein, dass das eine durchschnittliche Zahl weltweit ist. Das bedeutet, dass es an manchen Stellen auch kälter geworden ist und an anderen Stellen wiederum deutlich wärmer. Die Durchschnittstemperatur in Deutschland ist seit der Industrialisierung schon bereits um ca. 2°C gestiegen – also doppelt so stark und wir erleben dies leider auch immer häufiger am eigenen Leib. Dadurch werden Naturkatastrophen wie Starkniederschlagsereignisse, Überschwemmungen, Dürren und Hitzeperioden begünstigt. Das gemäßigte Klima in dem wir eigentlich leben wird immer stärker von Wetterextremen heimgesucht und das ist die Folge von ein paar Grad höheren Temperaturen.
Welche Folgen hat der Klimawandel für uns?
Einige Folgen des Klimawandels sind bereits genannt worden und die Folgen sind je nach Ort teilweise sehr unterschiedlich. In der Schweiz im Hochgebirge könnte zukünftig weniger Schnee fallen und zudem die Gletscher schneller schmelzen. Dies hätte für viele Regionen Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung sowie auf die Landwirtschaft, die ihre Pflanzen hin und wieder auch bewässern muss. Für ein Land wie Bangladesch, dass sehr flach ist und direkt am Indischen Ozean liegt, könnte es bedeuten das ein Großteil des Landes am Ende dieses Jahrhunderts unterm Meer versinkt. Für ein Land wie Spanien könnte der Klimawandel bedeuten, dass in Zukunft noch weniger Niederschläge fallen und dadurch das bereits trockene Klima noch trockener wird und womöglich Teile von Spanien sich zu einer Wüste wandeln.
Man sieht also, dass für jedes Land die Herausforderung des Klimawandels woanders liegt. Die größte Herausforderung dabei ist sich möglichst schnell den veränderten Bedingungen anzupassen. Und damit man dies machen kann, erfordert das meistens sehr viel Geld. Und ärmere Länder als in Europa oder Nordamerika haben große Mühe diese Klimaanpassungen durchzuführen. Deshalb kommt es immer wieder vor, dass im Zuge des Klimawandels Menschen als letzten Ausweg die Flucht aus dem eigenen Land sehen. Diese Menschen werden zu regelrechten Klimaflüchtigen.
Noch lässt sich das aber verhindern. Dazu ist es aber notwendig, dass alle Menschen auf diesem Planeten die Bekämpfung des Klimawandels als gemeinsame Aufgabe ansehen.
In den Medien ist vom 1,5-Grad-Ziel die Rede. Was genau hat es damit auf sich?
Wie zuvor beim Montrealer Protokoll gab es 2015 eine ähnliche Vereinbarung zur Begrenzung des Klimawandels – das Pariser Klimaabkommen. Nach Plänen des Pariser Klimaabkommens, zu denen sich die Mehrzahl der Länder weltweit bekannt haben, hatte zum Inhalt die globale Durchschnittstemperatur auf 1,5°C zu begrenzen. Klimaforscher:innen halten dieses Ziel als sehr schwierig, aber für machbar. Dazu ist es aber nötig, dass wir die Art und Weise wie wir leben nochmal genau überdenken. Vor allem wie wir Energie erzeugen, die wir praktisch für alles Mögliche benötigen. Wir nutzen nämlich noch immer viel zu viele sogenannten fossilen Rohstoffe wie z.B. Erdöl, Erdgas und Kohle. Diese fossilen Rohstoffe verbrennen wir um daraus in Kraftwerken Strom und Wärme zu erzeugen. Bei der Verbrennung aber wird sehr viel CO2 freigesetzt, was dafür sorgt das der Treibhausgaseffekt in unserer Erdatmosphäre verstärkt wird. Und dadurch kommt es letztendlich zum Globalen Klimawandel. Also unternehmen wir nichts und verbrennen weiterhin fossile Rohstoffe, könnte die Temperatur auf unserer Erde nach den heutigen Berechnungen der Klimaforscher:innen weiter steigen und 3°C bis 5°C höhere Temperaturen weltweit mit sich bringen.
Ihr Buch heißt Klima retten für Dummies Junior. Ist das Klima überhaupt noch zu retten?
Auf jeden Fall. Auch wenn die Gefahren und Aussichten nicht gerade die besten sind, sind wir davon überzeugt, dass eine Rettung weiterhin möglich sein kann. Wir haben es letztendlich in der Hand und viele Menschen weltweit haben es auch bereits verstanden und beginnen die Ärmel hochzukrempeln und Veränderungen nicht nur herbeizureden sondern auch umzusetzen. Ein wichtiger Schritt zu einer sogenannten klimaneutralen Lebensweise sind die Erneuerbaren Energien. Diese gewinnen die Energie aus Sonne, Wasser, Wind, Erdwärme und Biomasse und stoßen dadurch keine überschüssigen Mengen CO2 aus.
Darüber hinaus können wir uns alle selbst in unserem Alltag Gedanken darüber machen wie wir weniger CO2 produzieren. Damit man ungefähr weiß wie viel CO2 man im Vergleich zu anderen Personen im Jahr produziert, gibt es tolle CO2-Rechner im Internet, die man meistens kostenlos nutzen kann. Und wenn man schon mal weiß, wie viel man verbraucht, kann man sich auch Gedanken darüber machen wie man etwas CO2 zukünftig einspart.
Und was in den letzten Jahren aus unserer Sicht sehr geholfen hat, sind die Proteste und Forderungen der jungen Generation, die sich in Organisationen wie Fridays for Future engagieren und dadurch dem Thema noch mehr Gehör verschaffen. Da kann ich nur sagen: „Respekt“ und „Weiter so!“
Wir kennen das von uns selbst: Wenn wir selbst etwas tun können, fühlen wir uns nicht mehr ganz so hilflos. Was können Kinder von sich aus tun, um selbst etwas zur Klimarettung beizutragen?
Ich persönlich habe vor Jahren alle meine elektrischen Geräte mit einem Strommessgerät geprüft und ausgerechnet wie viel ich einspare, wenn ich es gegen ein energieeffizienteres Gerät austausche. Und dabei war ich häufig überrascht wie viel Strom alte Geräte verbrauchen und wie groß die Einsparung eines neuen Gerätes sein kann. Des Weiteren versuche ich möglichst zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit Bus und Bahn Sachen zu erledigen und nach Möglichkeit selten auf das Auto zurückzugreifen. Wo es mir noch nicht so gut gelingt, ist meinen Fleischkonsum zu reduzieren. Er ist zwar nicht unfassbar hoch, aber ich weiß von Freunden die seit mehreren Jahren Vegetarier oder Veganer sind, dass eine Ernährung ohne Fleisch grundsätzlich möglich und dabei auch noch gesünder ist.
Meine Kollegin Andrea fährt praktisch kein Auto mehr. Es stand ein Mal sogar so lange still, dass es nach einem Winter nicht mehr ansprang, weil sich die Batterie komplett entleerte. Außerdem hat sie vor kurzem eine Photovoltaikanlage auf ihrem Hausdach installieren lassen und produziert seitdem einen Teil ihres Stromes selbst und kann zu jeder Zeit über das Tablet genau sehen wo große Stromverbraucher gerade in Betrieb sind.
Es gibt viele Möglichkeiten etwas für das Klima zu tun und jeder von uns macht manche Dinge lieber als andere. Dem Klima ist es an sich egal wo das CO2 eingespart wird, Hauptsache wir sparen es ein.
Danke für das interessante Gespräch.
Sehr gerne.
Über den Autor:
Alfred Sibla studierte Geographie und hat sich bereits während seines Studiums auf Nachhaltigkeits- und Klimaschutzthemen spezialisiert. Als Klimaschutzberater war er an Projekten zu Klimaschutzkonzepten in hessischen Kommunen beteiligt. Für two4science entwickelt und leitet er Experimentierprogramme für Kinder, Familien und Lehrkräfte.