„Museum frei Haus“: Brotsommelier Hans-Peter Rauen bei der Mediterranen Kochgesellschaft
Frisch gebacken und voller Geschichten: Am Mittwoch, 24. September, verwandelte sich das Karl-Wörn-Haus in eine duftende Bühne für den Workshop „Brot – mehr als nur ein Nahrungsmittel“. Im Rahmen der Reihe „Museum frei Haus“ gingen die Teilnehmenden auf eine genussvolle Zeitreise und entdeckten, warum Brot weit mehr ist als nur tägliche Nahrung.
Woran erkennt man gutes Brot? Eine Frage, die leicht zu beantworten ist. Sagt Bäckermeister und Brotsommelier Hans-Peter Rauen, der Gast bei der Mediterranen Kochgesellschaft im Karl-Wörn-Haus war. Haptik, Geruchssinn und Mundgefühl – mehr sei nicht nötig. Man kann gutes Brot an seinem charakteristischen Duft erkennen. Es duftet je nach Sorte angenehm malzig, würzig oder nussig. Wenn man darauf drückt, muss sich die Delle wieder zurückbilden. Das gute Mundgefühl entsteht, wenn man den Bissen einspeichelt. Außerdem bleibt ein gutes Brot länger frisch, was seinen Grund in der Herstellung hat. Bäcker wie Rauen lassen dem Teig eine lange Ruhezeit. Sie bewirkt, dass das Brot länger frisch bleibt. Aber nicht nur das, wie er dem interessierten Publikum des gut zweistündigen Workshops erzählte. Wenn der Teig lange ruht, hat das Brötchen oder das Brot erkennbar mehr Aromen und ist bekömmlicher.
Bekömmlichkeit ist mittlerweile das schlagende Argument: Viele Menschen haben ein Problem mit Lebensmittelunverträglichkeiten und Zöliakie. Das liegt beim Genuss von Brot auch am spezifischen Einfach-, Zweifach- und Mehrfachzucker, Fodmaps genannt, die im Dünndarm nur schlecht resorbiert wird, aber eben nur dann, wenn es industriell und schnell produziert wird. Gibt man dem Teig hingegen einen Tag Zeit, entfallen diese Unverträglichkeiten. „Ab zehn Stunden sind die Fodmaps völlig verschwunden.“ Deshalb hält sich Hans-Peter Rauen an die Devise: „Wir backen mit Mehl, Wasser, Salz, Hefe und viel, viel Zeit.“
Der Heppenheimer Bäckermeister war Chef von 150 Mitarbeitern und 25 Geschäften, bevor er seinen Betrieb an die nächste Generation übergab. Dass er bei dieser Betriebsgröße wohl schon zu den Backfabriken gehört, bestreitet er allerdings, zumal die Tendenz zu weniger Geschäften gehe. Insgesamt habe sich die Zahl der Bäckereien in den letzten Jahrzehnten ohnehin halbiert. Bäcker-Nachwuchs zu bekommen, sei für ihn derzeit kein Problem, im Verkauf allerdings schon. Insgesamt leide der Bäckerberuf an den nächtlichen Arbeitszeiten. Irgendwann werde es vermutlich keine Nachtschichten mehr geben. Dann wird morgens Vorproduziertes in den Ofen geschoben, glaubt Rauen.
Das Interesse an gutem Brot scheint ungebrochen, wie die Beteiligung am Workshop zeigte. Die Mediterrane Kochgesellschaft trägt sich deshalb mit dem Gedanken, das Thema im kommenden Jahr erneut anzubieten, wie Vorsitzende Christiane Appel sagte.
Fotonachweis: Rolf Kienle



