Wenn Worte zu Musik werden, Humor auf Haltung trifft und zwei Sprachen zu einer verschmelzen, dann ist Gayle Tufts am Werk – Entertainerin, Sängerin, Autorin und die wohl charmanteste transatlantische Brückenbauerin der deutschen Bühnenlandschaft.
Seit über 30 Jahren steht die gebürtige Amerikanerin auf deutschen Bühnen – mit unerschütterlicher Energie, einzigartigem Witz und einer beeindruckenden Stimme. Ihre Sprache nennt sie „Dinglish“ – ein poetischer, pointierter Mix aus Deutsch und Englisch, mit dem sie das Publikum zum Lachen, Nachdenken und Staunen bringt.
Am 01. Februar 2026 gastiert Gayle Tufts mit ihrer neuen Show „Please Don’t Stop the Music“ in der halle02 Heidelberg. Gemeinsam mit dem Komponisten Marian Lux präsentiert sie einen Abend voller Geschichten, Songs und unbändiger Lebensfreude. In ihrem Programm erzählt Gayle von sieben Nächten, die ihr Leben verändert haben – glamourös, gefühlvoll, witzig und immer mit einer Prise amerikanischem Showglitter.
Wir haben mit der Powerfrau über Musik, Mut, Migration und die Magie gesprochen, die entsteht, wenn man einfach nie aufhört, zu tanzen – und zu lachen.
Gayle, Sie leben seit über 30 Jahren in Deutschland – und sind inzwischen deutsche Staatsbürgerin. Wenn Sie heute auf Ihre Reise von Brockton bis Berlin blicken: Was hat Sie am meisten geprägt – das Ankommen oder das Dazwischen?
Als ich 1984 zum ersten Mal nach West-Berlin kam – um für 3 Wochen auf die Wohnung eines Freundes aufzupassen – hatte ich keine Ahnung, das Deutschland einmal mein neues Zuhause werden würde. Prägend waren die Menschen, die ich getroffen habe – ich war Back-up Sängerin von Max Goldt und bin mit Anette Humpe und Ulla Meinecke aufgetreten, mit Rio Reiser hab ich gesungen – dann hat mich die Berliner Tanzfabrik engagiert – damals eine der wichtigsten Off-Tanztheater-Gruppen. Ich hatte nie einen konkreten Karriere-Plan – schon damals war für mich der Moment entscheidend.
Ihr neues Programm „Please Don’t Stop the Music“ klingt nach purem Drive und Lebensfreude. Was steckt hinter diesem Titel – ein Motto, eine Bitte oder eine Liebeserklärung an die Bühne?
Wir hören nicht auf zu tanzen, weil wir alt werden – wir werden alt, weil wir aufhören zu tanzen. Das ist mein Motto – und Musik hat mein ganzes Leben bestimmt – von 7 wichtigen Nächten erzähle ich in der Show. Mein toller Bühnenpartner Marian Lux – ein preisgekrönter Musical – und Film- und TV-Komponist ( er schreibt unter anderem die gesamte Musk für die Serie LÖWENZAHN) hat mit mir neue Lieder geschrieben – und Favoriten von mir neu arrangiert.
Sie erzählen in Ihrer Show von sieben Nächten, die Ihr Leben verändert haben. Können Sie uns eine davon verraten – und was diese Nacht so besonders machte?
Ich erzähle zum Beispiel von der Nacht, in der mir klar wurde, dass ich Sängerin werden wollte – der 27 Dezember 1964 – ich war 4 – und ich sah im Fernsehen live die Supremes – eine faszinierende Erscheinung; Glamour, sensationelle Harmonien, Eleganz und Power. Das war meine Zukunft. Später geht es um meinen ersten Disco-Besuch – ein Gay Tea-Dance in Boston – und meine erste Nacht in Berlin – im legendären Club DER Dschungel.
Ihr „Dinglish“ ist legendär – niemand mischt Deutsch und Englisch so charmant wie Sie. Ist das für Sie mehr als ein Stilmittel – vielleicht eine eigene Form von Identität?
Das Mischen der beiden Sprachen ist aus der Not heraus entstanden – ich hatte kein Geld für Sprachkurse – wollte auf die Bühne und nicht so lange warten, bis ich die Sprache perfekt kann. Und dann hab ich das nicht als einen Makel gesehen, sondern als meine Stärke. Beim Songtexten hab ich doppelt so viele Möglichkeiten zu reimen „ I want to be Michelle Obama, I want to have her Oberarme“. Das ist perfekt. Aber ich habe immer versucht ALLE mitzunehmen – meine ersten Programme hießen ABSOLUTELY UNTERWEGS, A FOREIGN AFFAIR und THE BIG SHOW – das versteht jeder. Mittlerweile höre ich von vielen Comediens, die in den letzten Jahren nach Deutschland gekommen sind, dass ihnen meine Herangehensweise Mut gemacht hat – fang jetzt einfach an, erzähl von dir, warte nicht! Das du anders bist, ist deine Stärke.
Sie arbeiten wieder mit dem Komponisten Marian Lux zusammen, der Sie seit Jahren begleitet. Was macht Ihre künstlerische Partnerschaft so besonders?
Marian ist ein Seelenverwandter! Ich bin eine Hetero-Frau von der Ost-Küste der USA – er ist ein schwuler Mann aus Bad Freienwalde in Brandenburg – und wir ergänzen uns perfekt! Er ist ein Freund und Partner – er ist der sensibelste Begleiter, spielt den Flügel wie ein ganzes Orchester, hat einen tollen Humor, ist immer präsent und sexy, er lebt Musik! Er ist immer offen für neue Inspirationen. Chat GPT hat sogar behauptet, wir seien verheiratet! Aber sein Mann sagt, das stimmt gar nicht.
In Ihren Shows verbinden Sie Musik, Tanz, Comedy und autobiografische Geschichten. Gibt es eine dieser Kunstformen, in der Sie sich besonders zu Hause fühlen – oder braucht es gerade die Mischung?
Ich habe immer alle Formen gemischt – es gibt für mich nicht DAS EINE! Ich erzähle von mir – in allen Farben und Formen – was zählt ist Energie, Präsenz und Haltung. In Deutschland werden Künstler gerne in eine bestimmte Schublade gesteckt. Und wenn sie aus der raus wollen, wird ihnen unterstellt, dass sie darin keinen Erfolg mehr haben – ich hab darum meine eigene Schublade gebaut. Kann ich nur jedem empfehlen.
Ihre Programme feiern das Leben, aber nie ohne Tiefgang. Woher nehmen Sie die Energie, in einer oft so ernsten Welt immer wieder das Schöne, das Humorvolle zu finden?
Ich möchte, das es meinen Zuschauern nach der Show besser geht als vorher. Und ich bin überzeugt: alles hat eine gute, eine schlechte und eine lustige Seite – manchmal braucht es einfach ein wenig Zeit oder einen Perspektivwechsel, um den Humor zu finden.
Sie sind ein Stück amerikanische Kultur in deutscher Übersetzung – und umgekehrt. Wie sehen Sie das heutige Verhältnis zwischen den USA und Deutschland – auch kulturell?
Die Wahrnehmung der USA in Deutschland hängt immer sehr mit dem aktuellen Präsidenten zusammen – Bush und der Irak-Krieg – Obama und das YES WE CAN – jetzt TRUMP mit seiner WHO WANTS TO BE THE NEXT DICTATOR-SHOW.
Es wird spannend sein, zu sehen, ob die USA auch in anderen Fragen an Einfluss verliert: Koreanische Popstars? Japanische Filme? Indisches Essen?
Ihre Karriere reicht vom Broadway bis zum Berliner Tipi, vom Fernsehen bis zu Galas für den Bundespräsidenten. Gibt es trotzdem noch einen Traum, eine Bühne oder ein Projekt, das Sie sich wünschen?
Ich spiele jetzt im vierten Jahr DOLLY in HELLO,DOLLY am Theater Bremen – mit den Bremer Philharmonikern auf der der Bühne zu stehen – dieses große, fabelhafte Orchester, ist ein unglaubliches Gefühl – rein körperlich – ich werde im Sommer 2026 die weibliche Hauptrolle in der Musical-Produktion in Bad Hersfeld spielen – auf der 1400-Menschen Bühne – wieder mit großem Orchester. Das wünsche ich mir für Marians Kompositionen – wir beide mit den Berliner Philharmonikern in der Waldbühne – und all unsere Songs singen wir mit Gaststars: Bette Midler, Marianne Rosenberg, Peter Fox und Rhianna.
Zum Schluss: Ihr Programm heißt „Please Don’t Stop the Music“ – aber was bringt Gayle Tufts persönlich dazu, niemals stehen zu bleiben?
Ich bin ungeduldig – was kommt als nächstes? Meine japanische Choreografin in New York hat immer gesagt DOUBT MORE! Und ich glaube an das POSITIVE, ich glaube an Veränderung, ich glaube, dass sich jeden Abend neue Möglichkeiten ergeben, den jeder Abend ist einzigartig. Wir sind einzigartig.
Ein herzliches Dankeschön an Gayle Tufts für dieses inspirierende, humorvolle und musikalisch funkelnde Gespräch! Mit unerschütterlicher Energie, klarem Blick und grenzenloser Leidenschaft beweisen Sie, dass Entertainment weit mehr ist als Show – es ist Begegnung, Mut und Herz. Wir wünschen Ihnen weiterhin großartige Auftritte, begeisterte Zuschauer und viele weitere magische Nächte voller Musik, Emotion und „Dinglish“-Power. Please don’t stop, Gayle Tufts! 🎶 Interview by CK



