Sonntag 7. Dezember 2025

James Arthur auf „The Pisces World Tour“ live in Mannheim – Ein Abend, der lange nachhallt

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Es gibt Konzerte, zu denen man geht, um zu tanzen, und es gibt Konzerte, zu denen man geht, um zu fühlen. Der gestrige Auftritt von James Arthur in der restlos ausverkauften SAP Arena in Mannheim gehörte zweifellos zur zweiten Kategorie – und bot doch so viel mehr. Dass der britische Singer-Songwriter mit der Reibeisenstimme zu den emotional stärksten Vokalisten unserer Zeit gehört, ist kein Geheimnis. Doch was Arthur auf seiner „The Pisces World Tour“ ablieferte, war kein bloßes Abspielen von Radio-Hits. Es war eine Meisterklasse in Authentizität, eine Reise durch Verletzlichkeit und Kraft, die jeden der über 10.000 Besucher im Innersten traf.

Ein visueller Prolog und ein explosiver Start

Die Spannung in der Arena war bereits greifbar, lange bevor der erste Ton erklang. Pünktlich um 20:15 Uhr verdunkelte sich die Halle, und der Fokus richtete sich auf die massive, runde LED-Wand, die die Bühne dominierte. Darauf: Das astrologische Zeichen der Fische (Pisces). Still, leuchtend und symbolträchtig schwebte es über der Szenerie – ein visuelles Versprechen für die Tiefe und Sensibilität, die dieses Sternzeichen und Arthurs Musik verkörpern.

Als sich die riesige Konstruktion langsam hob und den Blick auf die Band freigab, war der Jubel ohrenbetäubend. James Arthur betrat die Bühne nicht wie ein unerreichbarer Popstar, sondern mit dieser ihm eigenen Mischung aus Lässigkeit und fokussierter Intensität. Der Opener „Water“ setzte sofort den Maßstab für die akustische Qualität des Abends. Dunkel, ehrlich und melodisch perfekt – ein Song, der wie eine Welle über das Publikum schwappte. Das anschließende Feuerwerk auf der Bühne war nicht nur Showeffekt, sondern ein Ausrufezeichen: Wir sind hier, um etwas Großes zu erleben.

James Arthur mit seiner „The Pisces World Tour“ in der SAP Arena Mannheim am 01.12.2025. Fotos © by Boris Korpak | bokopictures

Zwischen Euphorie und Gänsehaut: Die Setlist

Arthur verstand es meisterhaft, die Energie im Raum zu lenken. Mit einem treibenden Medley aus „Sermon“, „Gucci“ und „Ready or Not“ riss er das Publikum früh von den Sitzen. Die SAP Arena verwandelte sich in einen riesigen Chor, Hände waren in der Luft, der Boden vibrierte. Doch James Arthur wäre nicht er selbst, wenn er diese Energie nicht immer wieder brechen würde, um den leisen Tönen Raum zu geben.

Songs wie „Can I Be Him“ und das energetisch aufgeladene „Blindside“ zeigten die Bandbreite seines Repertoires. Ein absoluter Gänsehaut-Moment entstand bei „Rewrite the Stars“. Tausende von Handylichtern verwandelten die dunkle Arena in ein funkelndes Sternenmeer, eine fast sakrale Atmosphäre, die den Text des Songs noch dringlicher machte. Auch „Car’s Outside“ stach hervor: Arthur sang ihn mit einer fast greifbaren Anspannung, einer Schwere, die vermittelte, dass er jede Zeile, jeden Schmerz dieses Songs im Moment des Singens erneut durchlebt.

James Arthur mit seiner „The Pisces World Tour“ in der SAP Arena Mannheim am 01.12.2025. Fotos © by Boris Korpak | bokopictures

Der magische Wendepunkt: Nahbar wie nie zuvor

Der emotionalste Höhepunkt – und das Herzstück des Abends – ereignete sich jedoch in der Mitte des Sets. Statt sich hinter der Distanz der großen Bühne zu verstecken, wagte Arthur den direkten Weg zu seinen Fans. Für ein spezielles Akustik-Medley verließ er die Hauptbühne und bahnte sich seinen Weg mitten durch die Menge.

Die Fans, teils fassungslos, teils zu Tränen gerührt, bildeten eine Gasse für den Sänger, der plötzlich nicht mehr der Star auf dem Podest war, sondern ein Mensch zum Anfassen. Sein Ziel: Eine kleine B-Stage am anderen Ende des Innenraums. Dort wartete keine Hightech-Ausstattung, sondern ein schlichtes, helles Sofa und ein Klavier. Es wirkte, als hätte er sein Wohnzimmer in die Arena verlegt.

Was folgte, war das sogenannte „Sofa-Set“ – eine intime Session, die die Dimensionen der riesigen Halle vergessen ließ. Bei „Certain Things“, „Safe Inside“, „Quite Miss Home“ und „A Year Ago“ wurde es mäuschenstill. Hier, reduziert auf das Wesentliche, zeigte sich die wahre Qualität seiner Stimme: klar, brüchig an den richtigen Stellen, warm und voller Soul. Auch „Embers“, „F.R.I.E.N.D.S“ und „Cruel“ bekamen in diesem Setting eine ganz neue Farbe. Es war der Beweis, dass James Arthur keine Pyrotechnik braucht, um zu berühren – er braucht nur ein Mikrofon und seine Geschichte.

Der Rückweg zur Hauptbühne während „Naked“ verlief ebenso organisch. Er sang weiter, während er durch das Publikum schritt, Hände berührte und lächelte. Ein Moment der puren Magie, der die Barriere zwischen Künstler und Publikum vollständig einriss.

Das Finale: Soul, Cover und pure Ekstase

Zurück auf der Main Stage zündete Arthur die nächste Stufe. „Bitter Sweet Love“ brachte die Energie zurück auf den Siedepunkt. Konfetti regnete von der Decke, das Lichtgewitter pulsierte im Takt, und Mannheim tanzte. Das „Soul Medley“ unterstrich seine Wurzeln im R&B, während „KARAOKE“ für ausgelassene Stimmung sorgte.

Doch Arthur beherrscht auch die Kunst der Interpretation fremder Songs. Seine Version von Christina Perris „A Thousand Years“ war eine Überraschung – zarter, schwebender und weniger rau als seine eigenen Stücke, zeigte sie eine sanftere Facette seines Könnens.

Das letzte Drittel des Konzerts war eine Tour de Force durch seine größten Erfolge. „Train Wreck“ traf das Publikum mit der Wucht eines emotionalen Güterzugs; die Dringlichkeit in seiner Stimme ließ vielen den Atem stocken. Und natürlich durfte „Impossible“ nicht fehlen – der Song, mit dem nach X Factor alles begann und der auch Jahre später nichts von seiner Hymnen-Haftigkeit verloren hat.

James Arthur mit seiner „The Pisces World Tour“ in der SAP Arena Mannheim am 01.12.2025. Fotos © by Boris Korpak | bokopictures

Ein Abschied, der bleibt

Mit „Yeah, No.“ und „Lasting Lover“ steuerte der Abend auf sein unvermeidliches Ende zu, bevor die ersten Akkorde von „Say You Won’t Let Go“ erklangen. Es ist der Song, der James Arthur unsterblich gemacht hat, und live entwickelt er eine Eigendynamik, die schwer in Worte zu fassen ist. Paare lagen sich in den Armen, Freunde sangen sich die Zeilen zu, und für einige Minuten schien die Welt draußen stillzustehen.

Als James Arthur sich verbeugte, sichtlich bewegt von der Resonanz des Mannheimer Publikums, und mit seinem typischen, fast schüchternen Lächeln die Bühne verließ, blieb mehr als nur das Echo der Musik.

Warum man James Arthur live gesehen haben muss

James Arthur in Mannheim war kein routinierter Tour-Stopp. Es war eine Demonstration von musikalischem Können und emotionaler Intelligenz. Die Balance aus der visuellen Wucht der Pisces-Inszenierung und der intimen Nähe der B-Stage machte diesen Abend einzigartig. Arthur versteckt sich nicht hinter Effekten; er nutzt sie, um seine Botschaft zu unterstreichen.

Wer dabei war, wird diesen Abend nicht vergessen. Wer James Arthur bisher nur aus dem Radio kannte, hat nun verstanden, warum er live eine Naturgewalt ist. Seine Stimme ist live noch rauer, noch ehrlicher und noch gewaltiger. „The Pisces World Tour“ ist nicht nur ein Konzert – es ist eine Einladung, für zwei Stunden alles zu fühlen, was man sonst oft unterdrückt. Ein triumphaler Abend in der SAP Arena.

Text & Fotos © by Boris Korpak | bokopictures

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