Stefan Prange, der Sänger und Songwriter von The Green Apple Sea, spricht viel auf seinen Konzerten. Die Geschichte zu dem Lied, das damit anmoderiert wird, nimmt oft mehr Zeit in Anspruch, als das Lied dann letztlich dauert. Manchmal kommt er danach auch nochmal kurz darauf zurück, um das ein oder andere Detail nachzutragen, das er vorher zu erwähnen vergessen hatte. Es ist ein bisschen so, als würde Zeit keine Rolle spielen in der Welt von The Green Apple Sea aus Nürnberg: die Zahl der gespielten Lieder auf dem Konzert, der Abstand zwischen den Alben, die Antwort auf eine drängende „Business“-Email…
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Mehr InformationenThe Green Apple Sea sind deshalb manchmal langsam, weil jedes Lied zunächst gelebt werden muss. Das Erlebte muss dann kondensieren, dichter werden. Aber vielleicht ist das auch das falsche Bild. Das Konkrete muss zum Universellen werden, das Vereinzelte zum Gemeinsamen. Denn nur so lässt sich das Leben ertragen.
Das Thema, das sich durch die Episoden auf „Dark Kid“ zieht, ist diesmal die nicht immer ganz leichte Kindheit und Jugend von Stefan Prange. Dass sein Stiefvater den Spitznamen „Satan“ für seinen Vater verwendete, wird erst im Rückblick zu einer etwas seltsamen Begebenheit. Dass er von seinen Stiefbrüdern mit dem Fahrradschloss an ein Treppengeländer gekettet wurde, wenn keiner Lust hatte, auf ihn aufzupassen, ist im Nachhinein betrachtet vielleicht etwas grausam. Für den 10-jährigen Prange war das nichts Ungewöhnliches. Wenn er diese Geschichten erzählt und Sätze singt wie „I wasn’t afraid to die, I was just waiting to die“ ist es vom Ansatz her mit der gleichen pragmatischen Naivität gemeint, mit der der Protagonist, „Dark Kid“, seine Umwelt annimmt.
Es geht auf „Dark Kid“ eben gerade nicht darum, das Publikum Kindheitstraumata oder Depression spüren zu lassen. Es geht darum, Traurigkeit in Melancholie zu verwandeln, Bitterkeit in Achselzucken, Wut in eine ausgestreckte Hand.
Die Folksongs, die dabei entstehen, sind so rund und weich, so völlig ohne Zeit. „Indie“ schreibt man eigentlich nur deshalb davor, weil The Green Apple Sea immer schon in kleinen Clubs gespielt haben, stoisch einfach immer weiter gemacht haben. Sie waren eine der ersten Bands, die diese ziemlich amerikanische Musik hier in Deutschland gemacht hat. Weit vor dem Hype und auch noch weit danach. Ein paar lieb gewonnene Markenzeichen haben sich dabei herausgeschält: wunderschöne, oft anspruchsvolle Harmoniegesänge, die warme, dichte Produktion von Christian „Wuschi“ Ebert, der in der Band auch die Tasten spielt und Mitbetreiber des „Lonestar Recordings“-Tonstudio in Nürnberg ist. Und eine universell spürbare Bedachtsamkeit, die den Entstehungsprozess ihrer Alben begleitet. Jenen Song vielleicht doch lieber als Shuffle spielen? Das Klavier nochmal durch ein Fender Rhodes ersetzen? Noch zwei weitere akustische Gitarren in der Produktion verstecken? Noch mal ganz leise auf der 12saitigen was machen…?
So funktioniert auch dieses Album mit dem Titel „Dark Kid“. Es will sich nicht aufdrängen, aber die darauf enthaltenen Lieder kann Prange viele hundert Mal singen, ohne ihrer überdrüssig zu werden. Die darin verborgenen Geschichten können ebenso oft erzählt werden. Auch als Hörer:in kann man die Songs hundert Mal hören, kleine liebevolle Details entdecken und in einzelnen Songzeilen immer neue Bedeutung finden. (Wir wissen das, denn wir haben es bereits getan.)
Die Titel auf „Dark Kid“ sind episodisch angelegt, wie die neue Staffel einer Serie. Aber wenn „Dark Kid“, eine Staffel in der Serie „The Green Apple Sea“ ist, dann ist die Serie eher eine altmodische. Eine, in der die Heldin in jeder einzelnen Folge einen Dämon zurück in die Hölle schickt. In der sie am Ende eine Hand festhält oder in einem Sonnenuntergang spaziert, oder – am allerbesten – mit ihren Freunden lacht. The Green Apple Sea brechen alle Geschichten der Platte im letzten Song auf einen Satz herunter. Es ist ein Zitat von Terence McKenna: „Oh, I know this now. It‘s all about love. Making someone else’s life a little bit better“.
Freeze frame, Abspann, Credits.
The Green Apple Sea live
05.01.26 Schwäbisch Hall – Anlagencafe
23.01.26 Helmbrechts – Filmwerk
24.01.26 Lindau – Zeughaus
31.01.26 Nürnberg – Muz-Club
21.02.26 Köln – Die Wohngemeinschaft
26.03.26 Haselünne, Hasetor Kino
27.03.26 Grevenbroich, Cafe Kultus
28.03.26 Ankum, Kulturhaus
29.03.26 Münster – Pension Schmidt
01.04.26 Berlin, Schokoladen
03.05.26 Offenbach – Hafen 2
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