Die fünf Phasen der Trauer bilden eine klare Struktur für das Album. Wie kam es dazu, dass diese Thematik so präsent geworden ist? War das von Anfang an geplant oder hat sich das während des Schreibprozesses herauskristallisiert?
Ich hatte nicht geplant ein Album mit Songs zu schreiben, die zu den Phasen der Trauer passen, sondern es ergab sich so aufgrund meiner jeweiligen Stimmungslage beim Schreiben der Songs. Mir war der Zusammenhang selbst längere Zeit nicht komplett bewusst, bis es mir die Band nach einer Probe einmal sagte.
Inwiefern haben die Erfahrungen während der Lockdowns das Album beeinflusst? Wie hat sich die Isolation auf deine Kreativität ausgewirkt?
Etwa die Hälfte der Songs wären ohne die Lockdowns in London nicht entstanden. Dazu zählt auch der Titelsong des Albums ‘The Life You Save May Be Your Own’. In dieser Zeit hatte ich vor allem mit dem Gefühl des Verlassenseins und der Einsamkeit zu kämpfen, was sich in den Songs widerspiegelt. Geschrieben habe ich immer wieder in Schüben. Es gab Tage an denen ich nichts anderes gemacht habe, aber auch Tage an denen ich stundenlang an die Decke angestarrt habe, weil ich nicht anders konnte.
Dein Faible für Schriftsteller wie Flannery O’Connor ist deutlich in deinen Texten spürbar. Wie beeinflusst die Literatur deine Songwriting-Prozesse?
Literatur bedeutet für mich hauptsächlich Geschichten und Denkweisen anderer Menschen, die mich zum Nachdenken bringen und im besten Fall mich nie ganz loslassen. Literatur ist genauso wie andere Kunstformen eine manchmal bewusste und manchmal unbewusste Inspirationsquelle für mich. Im Fall von Flannery O’Connor habe ich bewusst den Titel einer ihrer Kurzgeschichten, die besonders bedrückend ist, für einen Song verwendet (‘The Life You Save May Be Your Own’).
Die Musikvideos sind ein integraler Bestandteil des Albums. Wie wichtig ist die visuelle Komponente für dich und wie arbeitest du mit den Regisseuren zusammen, um die Stimmung der Songs einzufangen?
Ich bin selbst Regisseur der Videos zusammen mit dem Videographen Alex Christidis, mit dem ich seit dem Dreh zu ‘For Now I Watch Her Spaceship Disappear’ befreundet bin. Visuelle Komponenten sind mir sehr wichtig. Es läuft meistens so ab, dass ich eine Grundidee für ein Video habe und danach mit Alex bespreche, was wir machen können. Seit ein paar Videos arbeiten wir zusätzlich mit Stefanos Vaiopoulos zusammen, der die Regieassistenz übernimmt und neben Alex immer wieder gute Einfälle hat. Generell machen wir uns viele Gedanken bevor wir ein Video drehen, auch bezüglich der Locations und der Gegenstände, die in den Video vorkommen.
Du beschreibst deinen Stil als „Dark Lyrical Alternative“. Welche Künstler oder Bands haben dich musikalisch geprägt und wie haben sie deinen Sound beeinflusst?
Als Teenager haben mich vor allem Grunge- und Punkrock-Bands beeinflusst. Vor allem Nirvana, Pearl Jam oder The Clash. Später kamen PJ Harvey, Nick Cave, Tom Waits, Leonard Cohen, Bob Dylan, St Vincent und einige mehr dazu. Ich glaube, diese Musik spricht mich an, da keine der aufgezählten Musiker sich darum kümmert oder gekümmert hat, welcher Sound gerade modern ist, sondern Songs schreiben, die sie für sich selbst für richtig halten und keinem Trend nachjagen. Ich bekomme ab und zu von gewissen Radiosendern gesagt, dass meine Musik “alt” klingen würde und sie deshalb nicht gespielt wird. Damit kann ich nichts anfangen.
Die Kombination aus dröhnenden Gitarren und zarten Cello-Passagen ist sehr markant. Wie bist du auf diese ungewöhnliche Besetzung gekommen und wie trägt sie zur Atmosphäre der Songs bei?
Es gibt zwei Songs auf dem Album mit “dröhnenden Gitarren”. Einige kommen ohne Gitarre aus und andere sind gefühlvoller gespielt. Das Cello ist auch mal zarter und mal weniger zart. Es kommt auf den Song an. Mir war vor allem wichtig, dass ein Klavier oder Keyboard dabei ist. Ich nahm das Album ein Jahr davor ohne Klavier und Cello auf, dafür sehr gitarrenlastig, habe aber die Aufnahmen später verworfen, da den Songs die Tiefe fehlte. Deshalb kam ich auf die Kombination mit Klavier und Cello.
Das Album wurde an einem Tag aufgenommen. Wie hast du es geschafft, in so kurzer Zeit eine so dichte und atmosphärische Atmosphäre einzufangen?
Ich hatte mit der Band sehr viel geprobt und wir sind regelmäßig aufgetreten bevor wir ins Studio gegangen sind. Dazu kam dass wir die meisten Instrumente live aufgenommen haben, anstatt sie einzeln einzuspielen, was viel Zeit gespart hat.
Gab da besondere Herausforderungen oder besonderen Momenten während der Aufnahmen?
Bei ‘Scattered’ war es eine spontane Entscheidung das Wurlitzer-Keyboard des Studios zu verwenden. Bis dahin hatten wir den Song mit Klaviersound gespielt. Jetzt kann ich mir den Song nicht mehr ohne den Wurlitzer-Klang vorstellen.
Du hast gesagt, dass du in London deine kreative Heimat gefunden hast. Inwiefern hat die Stadt deinen künstlerischen Weg geprägt?
Gibt es Unterschieden zwischen der Musikszene in London und Deutschland und wie diese Unterschiede deine Musik beeinflusst haben?
In London sind die meisten Leute erstmal für alles offen und man bekommt relativ leicht eine Chance vor Publikum zu spielen. Das war nicht wirklich der Fall in der Gegend von Südwestdeutschland in der ich vor meinem Umzug gewohnt habe. Ich denke es hilft auch, dass mehr Leute den Großteil meiner Texte auf Anhieb verstehen. Geprägt hat mich London in dem Sinn, dass ich in den meisten Pubs von Londoner Ausgehvierteln gespielt habe, in denen es alternative Livemusik gibt. Das wäre in der Regelmäßigkeit vor meinem Umzug nicht möglich gewesen.
Was sind deine Pläne für die Zukunft? Gibt es bereits Ideen für ein zweites Album oder andere Projekte, an denen du arbeitest?
Ich schreibe an den nächsten Songs und ich spiele mit der Band am 14. November im Art Stalker Berlin. Weitere Auftritte sind geplant aber noch nicht spruchreif. Um nichts zu verpassen, am besten immer wieder auf meinen Social-Media-Kanälen und auf larusta.net vorbeischauen.
Deine Zielen als Musiker, welche musikalischen Richtungen möchtest du in Zukunft erkunden?
Ich habe viele Ziele, denke aber von Schritt zu Schritt.
Zum Schluss: Welche Botschaft möchtest du mit deinem Album an die Hörer vermitteln?
Es gibt nicht eine alle Songs umfassende Botschaft, die ich mit dem Album loswerden möchte. Die Songs sind dafür zu unterschiedlich. Außerdem erzähle ich Geschichten, die das Leben widerspiegeln. Jeder Song spricht für sich.
LARUSTA & THE DEAD DOGS
THE LIFE YOU SAVE MAY BE YOUR OWN
Label: ℗© 2024 Park Parade Publishing
VÖ: 15.11.2024
Genre: Alternative
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