Am 2. November 2025 bebte die Frankfurter Festhalle – und das gleich doppelt. Denn wenn zwei Generationen des Punkrocks, Simple Plan und The Offspring, gemeinsam die Bühne teilen, darf man getrost von einem Abend sprechen, der wie eine Zeitreise durch zwei Jahrzehnte Pop-Punk- und Skatepunk-Geschichte wirkt. Zwischen jugendlicher Euphorie, bissiger Ironie und musikalischer Präzision lieferten beide Bands ein Spektakel, das zeigte, dass Punk nicht altert – er wächst nur mit.
Simple Plan – Gute Laune, große Emotionen, pure Energie
Bereits als sich die kanadische Vorband Simple Plan um 19:30 Uhr auf die Bühne begab, war die Stimmung in der Festhalle elektrisierend. Pierre Bouvier und seine Crew hatten keine Mühe, das Publikum innerhalb von Sekunden auf Betriebstemperatur zu bringen. Mit „I’d Do Anything“ eröffneten sie den Abend – ein nostalgischer Sprung zurück ins Jahr 2002, als MTV noch Musikvideos zeigte und Skater-Schuhe Pflicht waren.
„Shut Up!“ und „Jump“ folgten Schlag auf Schlag, begleitet von einem Meer aus springenden Fans, die jede Zeile mitsangen, als gäbe es kein Morgen. „Frankfurt, are you ready to party?“ rief Bouvier, und das Publikum antwortete mit ohrenbetäubendem Jubel.
Ein erstes emotionales Highlight kam mit „Jet Lag“, bei dem Bouvier charmant die deutsche Textstelle improvisierte – das Publikum nahm es mit einem breiten Grinsen. Danach legten sie mit „Addicted“ und „Your Love Is a Lie“ zwei Songs nach, die sowohl die Teenagerherzen der 2000er als auch die heutigen erwachsenen Fans in kollektive Melancholie versetzten.
Mit dem neuen Song „Nothing Changes“ bewiesen Simple Plan, dass sie musikalisch gewachsen sind, ohne ihre Wurzeln zu verleugnen. Der Song, getragen von einem eingängigen Refrain, fügte sich nahtlos zwischen die Klassiker ein. Spätestens bei „Welcome to My Life“ sang die gesamte Festhalle – tausende Stimmen, ein Gefühl.
„Summer Paradise“ brachte einen Hauch karibische Leichtigkeit in die Halle, während „Thank You“ den treuen Fans gewidmet war, die Simple Plan über zwei Jahrzehnte begleitet haben. Der Nostalgiefaktor erreichte beim Cartoon-Hit „What’s New Scooby Doo?“ seinen Höhepunkt – pure Euphorie, als das Publikum einstimmig „Scooby-Doo, where are you?“ rief.
Mit „Where I Belong“, einer Kooperation mit State Champs, und dem unsterblichen „I’m Just a Kid“ ließ die Band ihre poppige Punkparty eskalieren, bevor „Perfect“ das Set mit einem bittersüßen, emotionalen Abschluss beendete. Gänsehaut pur – Simple Plan hatten ihr Publikum nicht nur unterhalten, sondern berührt.
The Offspring – Punkrock-Veteranen mit Spielfreude und Selbstironie
Nach einer kurzen Umbaupause verdunkelte sich die Bühne. Gitarrenriffs, Nebel, Jubel – und dann der unverkennbare Einstieg: „Come Out and Play“. The Offspring waren da, und plötzlich fühlte sich die Festhalle wie ein Kalifornischer Skatepark an. Dexter Holland, inzwischen mit silbergrauem Haar, aber ungebrochener Bühnenpräsenz, grinste breit: „Frankfurt, let’s make some noise!“ – und die Menge gehorchte.
Mit „All I Want“ und „Want You Bad“ zog die Band das Tempo an, die Gitarren von Noodles kreischten, das Publikum tobte. Einziger Ruhepol: keiner. Selbst bei neueren Songs wie „Looking Out for #1“ oder „Make It All Right“ blieb die Energie hoch. Die Band verstand es, ihre Setlist so zu gestalten, dass kein Moment zum Durchatmen blieb.
Besonders eindrucksvoll: der Mittelteil des Sets, in dem The Offspring ihre Vielseitigkeit zeigten. „Staring at the Sun“, „Hit That“ und „Original Prankster“ sorgten für kollektives Mitsingen, während „Hammerhead“ und „Bad Habit“ das aggressive Herz des Punkrock wieder zum Pulsieren brachten. Die legendäre Zeile „You stupid, dumbsht, goddm motherf***er!“ aus letzterem wurde vom Publikum so laut mitgebrüllt, dass sie fast die PA übertönte.
Dann kam der Moment, in dem The Offspring zeigten, dass sie mehr als nur Punk können. Mit einer skurril unterhaltsamen Coverstrecke – von „Paranoid“ (Black Sabbath) über „Crazy Train“ (Ozzy Osbourne) bis „In the Hall of the Mountain King“ – bewiesen sie Humor, handwerkliches Können und eine gewisse Selbstironie.
Der Ramones-Klassiker „I Wanna Be Sedated“ passte perfekt in diesen Block, bevor sie mit „Gotta Get Away“ und einer herzzerreißenden Version von „Gone Away“ das Tempo wieder drosselten. Holland setzte sich ans Piano, die Halle wurde still – ein Moment, der zeigte, dass selbst Punkhelden sentimental werden dürfen.
Das Publikum hatte kaum Zeit zum Luftholen, als die Band plötzlich mit einer augenzwinkernden Version von „Hey Jude“ die Beatles ehrte, bevor sie mit „Why Don’t You Get a Job?“ und „Pretty Fly (for a White Guy)“ wieder für Chaos und kollektive Ekstase sorgten. Jeder Refrain ein Klassiker, jeder Takt Nostalgie pur.
Mit „Have You Ever“ schien das Set zunächst zu enden, doch natürlich kam der Zugabenblock – und was für einer. „You’re Gonna Go Far, Kid“ brachte die Halle endgültig zum Explodieren, bevor der finale Song „Self Esteem“ wie ein generationsübergreifendes Mantra über dem Publikum schwebte. Jeder sang mit, von den 40-jährigen Skatepunk-Veteranen bis zu den Teenagern in Bandshirts ihrer Eltern.
Zwei Generationen, ein Herzschlag
Simple Plan und The Offspring boten in Frankfurt einen Abend, der das Herz jedes Punkrockfans höherschlagen ließ. Während Simple Plan die Leichtigkeit und jugendliche Euphorie des Pop-Punk zelebrierten, erinnerten The Offspring daran, warum sie seit über drei Jahrzehnten als Legenden gelten.
Beide Bands lieferten makellose Performances, energiegeladen, präzise und mit einer Prise Selbstironie – genau das, was Punk im Jahr 2025 sein sollte: ehrlich, laut und lebendig.
Am Ende blieb ein Gefühl, das man nicht oft erlebt: Dankbarkeit. Dafür, dass diese Songs, die viele durch ihre Jugend begleitet haben, immer noch die Kraft besitzen, ganze Hallen in Bewegung zu setzen. Und dafür, dass Punk – trotz aller Veränderungen der Musiklandschaft – immer wieder beweist: Er ist noch lange nicht tot.
Setlisten:
Simple Plan: I’d Do Anything • Shut Up! • Jump • Jet Lag • Addicted • Your Love Is a Lie • Nothing Changes • Welcome to My Life • Summer Paradise • Thank You • What’s New Scooby Doo? • Where I Belong • I’m Just a Kid • Perfect
The Offspring: Come Out and Play • All I Want • Want You Bad • Looking Out for #1 • Staring at the Sun • Hit That • Original Prankster • Hammerhead • Make It All Right • Bad Habit • Paranoid • Crazy Train • In the Hall of the Mountain King • I Wanna Be Sedated • Gotta Get Away • Gone Away • Hey Jude • Why Don’t You Get a Job? • Pretty Fly (for a White Guy) • Have You Ever • Encore: You’re Gonna Go Far, Kid • Self Esteem
Text und Bilder by Jan Heesch
Simple Plan
The Offspring












































